Designing – I

Wie geht das eigentlich, Strickdesign? Darauf gibt es ganz bestimmt genau so viele Antworten wie es Designerinnen auf diesem Planeten gibt. In den kommenden Tagen werde ich einen kleinen Einblick in meine Arbeitsweise geben. Hier ist Teil I, in dem es um Ideenfindung und Skizzen geht.

Die Idee.
Ganz oft ist da ein schöner Strang Garn, eine Farbe, ein Verlauf, der etwas ganz Besonderes werden muss. Zum Beispiel die Wollmeise „Molly“ im Farbton „Dunkle Kirsche“, aus der ich mir einen Zopfmusterpulli stricken wollte, aber keinen fand, den ich mochte. Und so entstand „Joanie“:

DesignProcessJoanie
(Die Anleitung gibt es kostenlos bei Knitty.com auf Englisch und hier auf Deutsch.)

Oder ich möchte ein Tuch oder ein anderes Objekt in einer bestimmten geometrischen Form haben, die ich in der Natur, in Büchern, an Gebäuden oder auf irgendeinem Bild gesehen habe: Ein längliches Dreieck, ein gestrecktes Sechseck, das ohne linke Maschen in der Runde gestrickt wird, eine Mütze, die sich schräg-seitwärts modular zusammensetzt. Oder mein neues Design, die Strickdecke „Angles„: ein Rechteck, das ganz aus unterschiedlich großen rechtwinkligen Dreiecken besteht.

Die Skizze.
Dann fange ich an, Skizzen zu machen, ganz schlicht auf Papier. Oft mit Lineal und Geodreieck, manchmal mit Zirkel, und immer mit Radiergummi. Um Zeichnungen am Computer zu machen, fehlt mir die Routine. Und ganz ehrlich: Ich mag schöne Stifte, ich liebe Papier, ich hantiere gerne mit Lineal und Winkelmesser. Ich habe dann das Gefühl, mich an der Schnittstelle von Mathematik und Kunst zu bewegen, was dem Paradies auf Erden in meinen Augen ganz, ganz nahe kommt.

DesignProcess

Mein Lieblings-Zeichenwerkzeug ist übrigens der schon ganz kurzgemalte Graphitstift „Titan 6B“ ganz vorne im Bild: Der macht schöne dicke, weiche Striche. Für grobe Skizzen habe ich unlinierte Moleskine-Hefte oder ich klaue ein paar Din-A-4-Blätter aus unserem Drucker. Wenn es ins Detail geht oder ich Strickschriften ausarbeiten möchte, nehme ich kariertes Papier. Für Fälle, in denen es nicht nur auf Form, sondern auch auf Farbe ankommt, habe ich mir die herrliche Buntstiftpalette hinten gegönnt. Arbeit macht einfach mehr Spaß mit schönen Werkzeugen!

Nun kritzele ich ganz hemmungslos herum und sammle Ideen: Ein Rechteck aus Dreiecken zusammenzusetzen ohne irgendwelche Parallelogramme oder Rechtecke zur Hilfe zu nehmen, war die Herausforderung bei „Angles“. Außerdem sollte das Ganze einfach modular zu stricken sein, ein Dreieck sich nahtlos ans andere fügen. Eine schöne Knobelaufgabe, die mir richtig Spaß gemacht hat. Und irgendwann hatte ich die gewünschte Form.

Übrigens: Längst nicht jede Idee funktioniert, und vieles noch nicht einmal auf dem Papier! Ich habe unzählige Skizzenbücher vollgemalt mit Tüchern, Pullis und Jacken, die dann irgendwie doch nicht das waren, was ich wollte. Aber Papier ist geduldig, und genau dafür ist es da!

Demnächst in Folge II: Warum das Rechnen vor dem Stricken kommt und warum ich immer ganz klein anfange.

One Comment on “Designing – I

  1. hallo martina,
    wir alle profitieten davon, daß du dein talent mit freude zum ziel bringst!
    mittlerweile sind deine strickideen, welche ich am häufigsten stricke! dadurch fühle ich ein wenig von deiner freude beim kreiren nach, denn ich verstehe deinen leitgedanken. sicher geht das nicht nur mir so.
    ich bin schon wieder auf das nächste anleitungsbüchlein gespannt – mit spiralbindung so genial!
    mit deinem talent bereitest du nicht nur freude, sondern du trägst zum lebensunterhalt deiner familie bei und das ist der absolut richtige weg!
    ganz liebe grüße aus koblenz am rhein,
    jutta