Die wiedergefundene Stricklust

Manchmal sitze ich abends auf dem Sofa, das Strickzeug auf dem Tischchen neben mir. Da liegt es, das herrliche Garn, und die schön spitzen Nadeln, und das hübsche Tuch, auf das ich mich schon freue. Und doch lasse ich es lieber liegen. Meine Hände wollen eine Pause. Mein Hirn will lieber mit meinem Mann reden oder ein paar lustige Sachen auf Twitter lesen. Das geht meistens schnell vorbei, und am nächsten Abend haben mein Strickzeug und ich wieder viel Spaß miteinander. Aber neulich – ich mag es kaum hinschreiben – war meine Stricklust für mehrere Tage, nun ja: weg. Nicht mehr da. Ich fühlte mich leergestrickt, ich hatte weder Lust auf Socken noch auf Tücher noch auf einen tollen Pulli oder eine schöne Jacke, obwohl ich mir schon länger vorgenommen hatte, mal wieder ein richtiges Kleidungsstück zu stricken. Ich fing an, mir Sorgen zu machen. Aber dann fiel mir ein, dass ich schon öfter solche Nicht-Strick-Phasen hatte. Während meiner zweiten Schwangerschaft wurde mir regelmäßig schlecht, wenn ich an lange Wollfäden dachte. Eine Zeitlang wollte ich lieber Taschen nähen als stricken. Irgendwann erschien Spinnen viel interessanter als Stricken. Aber ich kam immer wieder zurück zu meinen geliebten Nadeln.

Als ich mich daran erinnerte, wurde mir schlagartig klar, was ich tun musste, um meine Strick-Lust wieder zum Leben zu erwecken: Einfach mal was Anderes machen, anders kreativ sein, etwas Neues lernen. Dabei ist es ziemlich egal, was, so lange es das Hirn auf eine etwas andere Weise fordert als das Stricken. Vielleicht ein paar Brocken Spanisch mit einem Podcast lernen, ein Blumenbeet bepflanzen, zum ersten Mal eine Torte mit bunten Marzipanblumen verzieren, verschiedene Kirchen besichtigen, endlich die Barré-Griffe auf der Gitarre lernen. Oder ein paar alte Freundinnen besuchen, mit der Oma ein Spaghettieis essen oder mit der kleinen Nichte Schwimmen üben – gerade der Sommer bietet unzählige Möglichkeiten, ein bisschen Abstand zum Stricken zu gewinnen. Und dann, ganz überraschend: Da ist sie, die Farbkombination, die ich sofort in einem neuen Tuch verarbeiten muss. Das Sockengarn, das mich aus dem Regal anlacht, möchte plötzlich unbedingt verstrickt werden, und in einem alten Handarbeitsheft finde ich die perfekte Anleitung für einen neuen Pulli – und da ist sie wieder, die Strick-Lust. Von ganz allein!

Was hilft Dir, wenn Dir die Strick-Lust mal abhanden kommt?

P. S.: Den hübschen Projektbeutel auf dem Foto gibt es jetzt im Strickmich! Shop.

7 Comments on “Die wiedergefundene Stricklust

  1. Mir geht es da ähnlich. Ich habe auch Phasen, in denen ich keine Lust auf Stricken habe. Meist habe ich dann aber total Lust auf eins meiner anderen Hobbies, wie Patchwork, Häkeln, malen oder basteln. Oder mich überkommt die große Schreiblust und ich verfasse etliche Beiträge für meinen Blog.
    Ich denke, es ist normal, dass man irgendwann mal eine Pause vom Stricken oder anderen Hobbies braucht. Das Gehirn will was Neues, Abwechslung muss her. Und ich denke, man sollte es dann auch dabei belassen und sich nicht zum Stricken zwingen, nur weil der Pullover bis zum Winteranfang fertig sein sollte. Sonst wird das Hobbies schnell stressig und genau das soll es ja eben nicht sein.

    Daher mein Motto: Ich mache, worauf ich Lust habe und wenn ich lieber nur faul vor dem Fernseher liegen will, dann braucht mein Gehirn diesen Leerlauf einfach, um für neue Ideen Kraft zu tanken.

  2. Ich handhabe das ganz genauso. Wie oft war die Stricklust schon weg? Und kan von selber zurück… solche Pausen braucht frau ab und zu

  3. Ich kann mich da anschließen, auch ich kenne das Gefühl gut :) Aber ich habe eh etliche Hobbies (einige kreative, wie Stricken, Häkeln, Sticken, aber auch „konsumierende“ wie Lesen und Videospiele) und die schwappen dann immer phasenweise ineinander über – mal stricke ich super viel, mal sticke ich, und mal möchte ich meine Nase einfach nur in einem Buch vergraben. Und sofern nicht gerade irgendein Geschenk fertig werden muss, nehm ich das einfach wie es kommt.

  4. Mir geht es gerade auch so. Daher male und schreibe ich zur Zeit sehr viel in meinem bullet journal. Und irgendwann klimpern auch wieder die Nadeln. Habt einen schönen Sommer.
    Liebe Grüße
    Saskia

  5. Ich motiviere mich durch anschauen neuer Anleitungen und Garne …

  6. Wenn ich keine Lust zum Stricken habe, ist das ein Zeichen, dass es in meinem gerade Leben zu viele Baustellen oder Probleme gibt.
    So wie ich diese reduziert oder vollkommen gelöst habe, ist die Stricklust wieder da.
    Somit ist Stricken für mich nicht nur meine liebste Art, abzuschalten, sondern auch ein hervorragender Indikator für meine Befindlichkeit.

  7. Meine Stricklust ist sehr scheu und reagiert extrem verschreckt auf Deadlines jeglicher Art! Sobald ich ein Projekt habe, das zu einem bestimmten Datum fertig sein muss und das umfangreicher ist als ein Paar Socken, lähmt mich das total! „Kleine“ Projekte wie Socken stricke ich dann immer ratz-fatz weg, damit ich „es weg habe“. Deshalb stricke ich auch sehr, sehr ungern „auf Auftrag“. Und größere Projekte widme ich erst zum Geschenk um, wenn sie fertig sind – wenn der Pulli für Mutti eben erst im Juli fertig ist, obwohl sie im Mai Geburtstag hat, bekommt sie ihn zu Weihnachten. So eine verschreckte Stricklust kann ich dann mit ein paar Instant Gratification Projekten wieder hervorlocken – so kleine Herzle z.B. oder Minisocken oder Amigurimi (ok, die häkele ich eher).